Normalerweise sind mir 100km zu laufen zuviel, alldieweil ich weiß, dass es mir nach 65 km keinen rechten Spass mehr macht. Auch durch die Nacht komme ich ganz schlecht, hab ich doch Sonntag abends schon Probleme den Tatort bis zum ende zu schauen.
Also frage ich mich schon um 23 Uhr am Start zur 3. Ulmerlaufnacht: Was mach' ich hier eigentlich ???
(Diese Frage werde ich mir in dieser Nach noch ein paar Mal stellen))
Als es mit dem Glühen der Heissluftballons anfängt, bekomme ich schon die erste Gänsehaut. Der Start beginnt mit Feuerwerk und Musik, wir laufen fast eine Stadionrunde. Um uns herum starten die Raketen. Ich bin jetzt froh, dass es dunkel ist und keiner sieht, dass ich anfangen muss zu weinen.
Tausend Sachen gehen mir durch den Kopf, 100 km das ist schon ganz schön weit, die Nacht, werde ich sie gut durchstehen, hoffentlich regnet es nicht !
Sascha und ich wollen zusammen laufen. Wie immer ist unsere Devise: Zügig aber ohne Hast und auf alle Fälle gut ankommen.
Wir reihen uns von Anfang an hinten ein. Sascha hat wegen mir eine extra starke Lampe dabei und sorgt für reichlich Licht.
Wir laufen 20km miteinander ohne zu reden, völlig konzentriert, damit wir im Dunkeln nicht vom Weg abkommen .
Bei mir macht sich die Müdigkeit breit und ich merke wie mir immer wieder die Augen zufallen.
Ich brauche jetzt laute Musik und muss mich zusammenreissen nicht einfach die Augen zu schliessen, eigentlich will ich nur noch schlafen. Meine Geheimwaffe mich hochzupuschen ist Fassnachtsmusik und arabisch Pop!!
Sascha kennt das Übel, für ihn beginnt nun der schwierigste Teil unseres Laufes: Denn ich singe lauthals mit!!
Mir ist es zwischenzeitlich egal, wer alles an mir schnell vorbeiläuft um meinem Gesang zu entkommen.
Irgendwo und irgendwann sind die ersten 40km geknackt. Immerwieder treffen wir auf die gleichen Läufer, es wird ständig überholt, oder wir treffen uns an der nächsten VP wieder.
Mein Schlafbedürfniss ist unbeschreiblich, ich hab nur den Wunsch, dass es endlich wieder hell wird und wir die Lampen ausmachen können, die mich seit Stunden versuchen in den Schlaf zu schaukeln.
Wir haben beide das Gefühl das es nicht so recht läuft. Ich denke darüber nach bei 50km aufzuhören und einfach schlafen zu gehen....
Sascha und ich entscheiden uns dann doch fürs weiterlaufen, wir liegen super in der Zeit, selbst wenn wir ab jetzt Kampfwandern, bleiben wir im Limit und langsam wird es heller ....
So kommen wir bei km 50 im Stadion an. Es gibt Brühe und Kaffee. Während wir uns ordentlich verpflegen, stellen wir fest, dass einige Läufer hier aussteigen.
Mit gemischten Gefühlen machen wir uns auf die restliche Strecke, hab ich mich überschätzt? Nochmal 50km? Wenn schon Läufer aufhören die besser unterwegs waren als Sascha und ich?
Bei km 60 gibt es eine kleine VP, die Jungs haben auch die ganze Nacht durchgefeiert und sind mindestens so müde wie wir. Netterweise schenken sie Sascha und mir ein Radler, das wir uns teilen und in aller Ruhe trinken.
So gestärkt laufen wir hoch zum Friedhof zum Km 65, der allerdings dieses Jahr erst Km 63 ist. Langsam werde ich munter, aber jetzt wird mir bewusst, dass mir irgendwie alles weh tut.
So gestärkt laufen wir hoch zum Friedhof zum Km 65, der allerdings dieses Jahr erst Km 63 ist. Langsam werde ich munter, aber jetzt wird mir bewusst, dass mir irgendwie alles weh tut.
Ab hier ab: Nicht mal mehr 'nen Marathon .
Die Hochrechnungen fangen an, noch 15 km bis zur Festung, dann ist es weniger als ein Halbmarathon und 20 km gehen immer...
Emotional fahr ich jetzt Karusell, ich muss weinen, fluchen, schimpfen und vor Allem immer weiter.
Die Strecke ist schön, wir laufen an der Donau entlang. Nach unendlich vielen Km und Stunden kommen wir an die Festung. Diesmal geht es ab durch den Burggraben untenherum. Jetzt weiß ich, dass sich die Mühe gelohnt hat weiterzulaufen und nicht bei 50km auszusteigen! Und weil es so schön ist fang ich auch gleich wieder an zu heulen.
Auch hier ist eine Verpflegung und wie schon die gesamte Nacht sind hier alle Helfer wieder richtig fröhlich und nett.
Mit neuem Adrenalinschub geht es weiter.
Wir sind immernoch dasselbe Läufergrüppchen das sich ständig gegenseitig überholt. Plötzlich treffen wir an einer VP unseren "Doc Schweitzer".
Wenn das kein Grund zum Feiern ist, mit uns hat er noch garnicht gerechnet und eigentlich hat er jetzt auch keine Lust mehr zu laufen! Also mind. 3 gute Gründe um ein Bierchen zu zischen. Wahrscheinlich liegt es am Bierchen, das wir plötzlich alle wieder gut Laune bekommen. Mit eisernem Willen geht es nun zügig weiter .
An jeder VP die nun kommt wird es schwieriger wieder anzulaufen. Wir wollen jetzt so schnell wie möglich ins Ziel.
Als die 90er Schilder kommen, merke ich, dass ich immer schneller laufen muss. Mir ist egal, dass mir alles weh tut und auch, dass die Jungs hinter mir jammern.
Ich will endlich ankommen.
Plötzlich überholt uns ein anderer Läufer mit einem Affenzahn.
Alle die in Sichtweite sind verschärfen das Tempo. Es ist unglaublich wieviel Kraft wir noch haben. Ab km 99 rennt der Doc Richtung Ziel und versucht noch einen anderen Läufer zu überholen. Sascha und ich laufen gemeinsam ins Stadion auf unsere letzte Runde zum 100er.
Ziemlich kaputt, überglücklich und natürlich weinend laufen wir ins Ziel.
Fazit:
In Ulm um Ulm und vor allem 100 Km um Ulm herum macht es richtig Freude zu laufen!!
Grosser Dank an alle Aktiven die uns gut über die Strecke betreut haben, sei es mit VP oder auch mit guter Laune und aufmunternden Worten.
Ein rundum gelungenes Laufevent.
Natürlich hoffe ich auch im kommenden Jahr wieder am Start zu stehen und mich zu fragen.
"Was mach ich hier eigentlich"...
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